Kelten, Römer oder beides? Aufschwung und Blüte
Die römische Kultur lässt sich in der Vulkaneifel anhand von Münzen oder Keramikscherben frühestens zu Beginn des ersten Jahrhunderts n. Chr. nachweisen. Die hier lebenden Menschen sind aber keinesfalls aus dem heutigen Italien eingewandert. Vielmehr lebten in der Vulkaneifel bereits in den Jahrhunderten v. Chr. Kelten, die die Annehmlichkeiten der römischen Kultur annahmen, also romanisiert wurden. Änderungen unter dem Einfluss der Römer waren unter anderem der Übergang von der Holz- zur Steinbauweise und die Einbindung der Vulkaneifel in einen fast schon globalen Handelsmarkt. Die Einführung der Fußboden- und Wandheizung war besonders in den kalten Wintern der Eifel eine deutliche Verbesserung der Wohnqualität.
Heute sind zahlreiche römische Villenanlagen als archäologische Fundstellen bekannt. Die Villen entsprachen meist nicht unseren heutigen Vorstellungen von prächtigen großen Häusern sondern waren Bauernhöfe, die die umliegenden Dörfer wie Jünkerath mit Nahrungsmitteln versorgten. Doch auch sehr reiche „Römer“ lebten in der Vulkaneifel. Zu nennen ist hier die mit Mosaik, Wandmalereien und einer großen Badeanlage luxuriös ausgestattete Villa in Gerolstein. Mauerreste der sogenannten „Villa-Sarabodis“ und auch Funde, die bei den Grabungen gemacht wurden, können in einem kleinen Museum besichtigt werden. Bereits in den 1880er Jahren wurde bei Leudersdorf eine der größten Villenanlagen Deutschlands ausgegraben. Das in drei Bauphasen immer wieder vergrößerte Hauptgebäude hat eine Frontlänge von mehr als 100 Metern und stellt damit eines der größten bekannten römischen Privatgebäude im ländlichen Raum in Deutschland dar. Außerdem sind auch hier Mosaiken und Wandverkleidungen aus Marmor nachgewiesen. Dieser wurde teilweise aus dem Mittelmeer importiert. Diese Villa kann heute leider nicht mehr besichtigt werden, da die Fundstelle nach Ende der Grabungsarbeiten wieder verfüllt wurde. Ein weiteres Highlight unter den römischen Villen befindet sich bei Gillenfeld. Dort konnte nicht durch Ausgrabungen sondern durch geophysikalische Untersuchungen eine Villenanlage festgestellt werden, deren Hofareal mit 10-13 ha Fläche, etwa die Größe von bis zu 12 Sportplätzen hatte. Auch für eine solch große Anlage fehlen bislang in Deutschland Parallelen.
Bei der Villa von Duppach zeugen mehr als 20 m große Grabtürme vom großen Reichtum der Verstorbenen. Eine Inschrift besagt, dass der Besitzer einer der mächtigsten Menschen zwischen den römischen Städten Köln und Trier gewesen sein muss. Wir wissen, dass er Ehrenmitglied im Stadtrat von Trier war. Um diesen Titel führen zu können, musste er ein Vermögen von mindestens 100.000 Sesterzen haben – eine Summe, die ein normaler römischer Soldat während des gesamten Wehrdienstes nicht verdiente. Die Fundstelle der Grabdenkmäler wurde nach den Grabungen ebenfalls wieder zugefüllt. Vor Ort werden die Forschungsergebnisse in einem kleinen Informationszentrum erläutert.
Ein weiteres eindrucksvolles Zeugnis des Reichtums einzelner Römer in der Vulkaneifel kann man heute noch bei Strotzbüsch besichtigen. Dort fanden im 19. Jahrhunderten Grabungen in einem Grabhügel statt und man legte eine steinerne Grabkammer mit steinernem, in die Kammer führenden Gang frei. Diese Art der Grabarchitektur ist für die Region einzigartig und zeigt ein weiteres Mal das große Repräsentationsbedürfniss reicher Römer im 2. Jahrhundert nach Christus.
Religion und Glaube spielte in der römischen Kultur eine wichtige Rolle. So wurde in dem gallo-römischen Heiligtum von Pelm der römische Gott Herkules zusammen mit der einheimischen Fruchtbarkeitsgöttin Caiva verehrt. Nach einer Inschrift sponserte ein reicher Privatmann diesen Tempelbezirk.
Eine Besonderheit dieses Tempels sind die Unmengen an kleinen Keramikfigürchen, die Götter darstellend im 2. und 3. Jahrhundert dort geopfert wurden. Die unglaublich große Menge zeigt sich indirekt auch darin, dass sich im frühen 20. Jahrhundert der Begriff „Püppchensucher“ im Raum Gerolstein etablierte. Damit gemeint waren Menschen, die im Bereich des Heiligtums gezielt nach diesen kleinen Götterfiguren aus Keramik suchten. Die Tempelanlage kann heute noch besichtigt werden, einen Teil der Funde zeigt das Museum „Villa Sarabodis“ in Gerolstein.
Große Tempelanlagen fehlen in der Vulkaneifel. Man muss davon ausgehen, dass zahlreiche kleine bis kleinste Tempel von der örtlichen Bevölkerung zur Ausübung ihres Glaubens genutzt wurden.
Germanen und Römer – Zeit der Krise
Bis etwa 260 n. Chr. konnte sich in der Vulkaneifel die römische Wirtschaft und Kultur prächtig entwickeln. Dann kam es jedoch aufgrund von Germaneneinfällen, einer Klimaverschlechterung sowie innenpolitischer Probleme zu zahlreichen Krisen. Hiervon zeugt die Wehrmauer, mit der man die Siedlung von Jünkerath schützte. Aber auch Privatleute sicherten ihr Hab und Gut mit Befestigungsanlagen. Die Villa von Bodenbach schützten drei Gräben und eine Mauer gegen feindliche Angriffe. Bei archäologischen Grabungen konnte nachgewiesen werden, dass der Besitzer der Villa beim Militär gewesen sein muss, da die Konzeption seiner Verteidigungsanlagen um die Villa extakt demjenigen zeitgleichen Anlagen am Limes - der Grenze zu den Germanen entsprach. Die Verteidigung war so effektiv, dass die Villa nie erobert werden konnte. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass die Anlage in der Mitte des 4. Jahrhunderts nach Christus planmäßiggeräumt wurde. Über die Grabungsergebnisse informieren vor Ort mehrere Schautafeln und der Grundriss der Villa und Verteidigungsanlagen ist anhand von Pflanzen und Hecken dargestellt.
Bei Duppach-Weiermühle verließ der Besitzer seine Villa. Archäologische Ausgrabungen zeigen, dass sich hier Spezialisten für die Eisenerzverhüttung aus Gallien angesiedelt haben und die ruinösen Gebäude notdürftig reparierten. Dabei nutzten sie auch vor Ort vorhandenes Steinmaterial. Sie bauten die großen mehr als 20 m hohen massiven Grabpfeiler ab.
Eine völlig andere Entwicklung ist bei der Villa von Immerath festzustellen. Der Besitzer konnte es sich im 4. Jahrhundert nach den massiven Germaneneinfällen leisten, sein Badegebäude zu renovieren und sogar zu vergrößern. Den Beweis lieferten hier Stempel auf Ziegeln, die für die Neu- und Umbauten verwendet wurden.
Die Villa von Immerath ist jedoch eine der berühmten Ausnahmen von der Regel. In der Vulkaneifel kann man ab dem Ende des 3. Jahrhunderts einen massiven Rückgang der Besiedlung feststellen. Zudem beschränken sich die Siedlungen auf die landwirtschaftlichen Gunsträume. Die Menschen ziehen sich zum ersten Mal seit fast 400 Jahren wieder auf leicht zu verteidigende Bergkuppen zurück und verstecken ihr Hab und Gut. Einige dieser Münzschätze wurden von den Besitzern nicht mehr geborgen und sind heute ein beredtes Zeugnis für eine sehr gefährliche Zeit.
Mit dem Ende des römischen Reiches gerät auch die Vulkaneifel ab dem 5.-6. Jh. unter den Einfluss der Franken.
Ausgrabungen in der römschen Villa von Bodenbach im Jahr 2013. Heute kann die Fundstelle besichtigt werden. Der Grundriss der Villa und der Verteidigungsanlagen ist im Gelände durch Pflanzen visualisert.
Rekonstruktionszeichnung der als Festung ausgebauten Villa von Bodenbach während eines Angriffs durch Germanen.
Dr. Peter Henrich
Archäologisches Institut
Universität zu Köln
Albertus-Magnus-Platz
50923 Köln